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René Graetz (1908 – 1974) Das grafische Werk
18. November 2011 bis 29. Januar 2012, täglich geöffnet
Vernissage, 17. November, 17 Uhr
Die 22. Ausstellung in der HELIOS-Galerie ist dem grafischen
Werk von René Graetz gewid-
met, einem Künstler, der auch mit dem Stadt-
bezirk Pankow auf dass Engste verbunden ist.
Sein Sommerhaus befand sich unmittelbar in Nachbarschaft zum
HELIOS-Klinikum, in der heutigen Lindenberger Straße in
Schwanebeck, gewohnt hat er in Pankow, wo auch sein Atelier
war.
René Graetz gehört zu jener Generation von Künstlern, die
nach dem Zusammenbruch der faschistischen Herrschaft in
Deutschland voller Überzeugung der sozialistischen Ideologie
folg-
ten mit dem Ziel, den Kapitalismus dauerhaft überwindend
eine gerechte und menschliche Gesellschaft zu schaffen.
Zunächst entpuppte sich aber die Forderung |
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René Graetz im Atelier Platanenstraße 9,
Berlin, 1970
Foto: Nachlass Graetz |
der Obrigkeit nach einer volksverbundenen, gemeint war eine
naturalistische Kunst sozialistischer Agitation, als eine
Negation all jener humanistischen und formalen Errungenschaften
der klassischen Moderne, in denen diese Generation von Künst-
lern zutiefst verwurzelt war. Die Dialektik zwischen der Treue
zu den sozialisti-
schen Utopien und dem Widerstand gegen doktrinäre
kunstpolitische Restriktionen bestimmte auf ganz individuelle
Weise Leben und Schaffen vieler Künstler im Osten Deutschlands.
für größere Darstellung und Detailangaben
bitte auf die Abbildungen
klicken
l.: Das Licht und die Finsternis III,
1973; m.: Schlafende A, 1964; r.: Finsternis, 1973
Fotos: © Hermann
Büchner
René Graetz war Bildhauer und Zeichner. Er kannte die klassische
Moderne, hatte Henry Moore mehrfach in seinem Londoner Atelier
besucht und verehrte Pablo Picasso auf das Innigste.
So bewegte er sich von Anfang an in dem Spannungsfeld zwischen
Figuration und Abstraktion und blieb zeitlebens darin ein
Suchender.
In der Plastik fand er erst seit 1970 zu einer organisch
durchfluteten Abstraktion klar gestraffter kubischer Körper,
erst vor allem deshalb, weil er schon 1974 einem Herzinfarkt
erliegt, in der Grafik hat er diese formale Qualität und
Intensität schon in den vierziger Jahren erlangt.
Auch in der Renaissance nutzten die Künstler den Kupferstich
bzw. den Holzstich viel eher zur Verbreitung der humanistischen
Ideen in der Auseinandersetzung mit dem Dogma der katholischen
Kirche als in der Malerei.
Insofern scheint es gerechtfertigt, sich in einer Ausstellung
zum Werk von Renè Graetz auf die Grafik zu konzentrieren zumal
diese nicht auf die Erfassung von Volumen menschlicher Körper
gerichtet ist, sondern als ein eigenständiges Werk bildhafte
Ideen in der Fläche verfolgt.
Seine Sprache ist in den fünfziger Jahren ist dramatisch
szenisch und von großer Expressivität.
In den sechziger Jahren entwickelt er eine verallgemeinernde
Sprache, die bevor-
zugt mit Sinnzeichen operiert. Er bedient sich einer abkürzenden
Zeichenweise einprägsamer Chiffren, entlehnt zum Teil aus der
Antike, wie der Phönix.
Der Farbe gibt er einen freien Klang. Er nutzt die Radierung,
die Offsetlithographie, vor allem aber dann den farbigen
Siebdruck, mit dem er alsbald mit seiner Einheit von dekorativen
und metaphorischen Elementen in der realistischen Kunst der DDR
eine Sonderstellung einnimmt. Der Phönix und die rote Leiter
werden in mehreren Fassungen verarbeitet, Wiedergeburt und sich
Verjüngen, Sehnsucht nach Weite, Natur und Schönheit sind
verwandte Sinnbezüge beider Motive. Die Sehnsucht nach
Dauerhaftigkeit des Friedens, nach Glück und Schönheit hat hier
ein Symbol gefunden. |
für größere Darstellung und Detailangaben
bitte auf die Abbildungen
klicken
o. l.: Blaue Figur und Sonne,
1965; o. m.: Großer Phönix, 1971; o. r.: Rote Leiter,
1972
u. l.: Figürliche Komposition VI, 1966; u. m.: Studie
für eine Plastik, 1973; u. r.: Zentaur und Stürzender,
1940 – Fotos: ©
Hermann Büchner |
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Biografie
1908 ist er in Berlin geboren, die Familie lebt in
Genf, die Mutter ist Italienerin, der Vater Russe, deutscher
Abstammung. 1923 beginnt er eine Lehre als
Tiefdrucker in Genf und besucht Vorlesungen an den
Universitäten Genf und Zürich. 1929 gewinnt einen
Wettbewerb der Londoner Zeitung »Times« als bester Drucker.
Er erhält den Auftrag zur Errichtung einer Druckerei für die
»Cape Times« in Kap-
stadt/Südafrika. 1932 – 1933 besucht die
Bildhauerklasse der »Primavera Arts and Crafts« in Kapstadt.
1938 – 1939 Graetz verlässt Südafrika und reist nach
Paris und Zürich. Danach wohnt er in London. 1940
Internierung infolge deutscher Staatsangehörigkeit, zunächst
auf der Isle of Man, später Deportation nach Kanada. 1941
kehrt er nach London zurück, dort lernt er Henry Moore
kennen.
Er wird Mitglied der britischen Künstlerorganisation.
1946 siedelt er mit anderen deutschen Emigranten nach
Berlin über. Von 1946 – 1948 ist er für den Verlag
Volk und Wissen tätig. Aufgrund der Formalismusdebatte kann
er jedoch seine Vorstel-
lungen nicht realisieren und zieht sich aus der
Verlagsarbeit wieder zurück.
1949 arbeitet er zusammen mit Arno Mohr und Horst
Strempel am Wandbild »Metallurgie Henningsdorf«, dessen
Entwur faber abgelehnt wird, 1950 an einem Entwurf
zum Thälmanndenkmal, bricht aber die Beteiligung am
Wettbewerb ab. 1952 entsteht das Monument für den
spanischen Freiheitskämpfer Nikos Belojannis. 1958
ist er beteiligt an Entwürfen für die Mahn- und Gedenkstätte
Buchenwald und 1959 für die Gedenkstätte
Sachsenhausen »Befreiung« zusammen mit Waldemar Grzimek und
Fritz Cremer.
1965 wird er zum Vize- und Ehrenpräsidenten der AIAP
gewählt, 1973 erhält er den Käthe-Kollwitz-Preis der
Akademie der Künste der DDR. Im gleichen Jahr beginn der die
Arbeit für ein Wandbild im Palast der Republik. 1974
stirbt René Graetz während eines Kuraufenthaltes in
Graal-Müritz. |
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