»Mit ihrer Medaillenkunst begeistert sie Auftraggeber in
ganz Deutschland; Luther in Wittenberg, Friedrich dem Großen
in Potsdam oder Heinrich Vogeler für Worbswede; sensible
Porträtreliefs en Miniatur, für deren Schöpfungen sie schon
Preise bekommen hat. Über ihr Schaffen sagt sie: ›Es gibt
oft zwei Seiten von Etwas, wie bei der Medaille. Die
Geschichte spielt sich dazwischen ab.‹ Und das könnte
überhaupt das Motto ihres künstlerischen Credos sein.« Klaus Tiedemann zur Vernissage der
Ausstellung in der Galerie
Martina Fregin am 17. Februar 2024
Friedrich II, 2012
Luther und Fliege, 2015
Die Toten sind tot, 2014
Der Teufel, 2015
Spiel, 2014
Eine 11-jährige, 2017
500 Jahre Reformation, 2017
»Angeregt durch Göbel und dessen Schüler Carsten Theumer
entstehen bereits zur Studienzeit in Halle (Saale) erste
Medaillen. (Till Eulenspiegel, 2007). Neben meist im
Dreiviertelprofil gegebenen Porträts (Georg Büchner, 2012;
Heinrich Vogeler, 2012; Liselotte Welskopf-Henrich, 2018)
bildet die Schriftlegende mit Literaturzitaten von Bertolt
Brecht, Albert Camus, André Malraux, Dagmar Nick, Rainer
Maria Rilke u. a. ein bestimmendes Gestaltungselement.
Lassen Napps oft vielschichtige Werke bewusst
Mehrdeutigkeiten der Interpretation zu, so ist ihre
entschiedene Positionierung gegen Krieg (Die Toten sind tot,
2013) und die auch den Kunstbetrieb korrumpierenden
Auswüchse des Kapitalismus (Der Teufel scheißt immer auf den
größten Haufen, 2015) unmissverständlich. Mitunter erweitert
Napp, die seit 2014 auf der Biennale der Fédération
Internat. de la Médaille d'Art vertreten ist, die gewohnte
Kreisform der Medaillen zu einem ungleichmäßigem Oval
(Schwäne, 2014), einem angedeuteten Kreuz (Kinderspiele,
2013) oder einer Halbschale (Universum, 2019). Den
Wettbewerb des Bundesministeriums der Finanzen zur Erlangung
von teilkolorierten 5-Euro-Sammlermünzen für die Serie.
›Wunderwelt Insekten‹ gewinnt Napp mit den Motiven
Siebenpunkt Marienkäfer und Hainschwebfliege (Ausg. 2023
bzw. 2024), wobei die Wertseite jeweils von Andre Witting
(*1974) gestaltet wird. Die Jury würdigt Napps feine,
lebendige Modellierung des Fliegenkörpers, die
zurückhaltende Farbigkeit und die Transparenz der Flügel und
umgebenden Blüten.« Mathias Barth, Staatliche Münzsammlung München im Katalog
der Sammlung, 2023
Die Salier, 2011
Die Salier:
»Auf der einen Medaillenseite zieht man vier nackte,
kräftige Männer in einem verbissenen Kampf, einer hält gar
ein Schwert. Es ist ein archaischer, ein gnadenloser Kampf,
der uns in all seiner Entschlossenheit unmittelbar berührt.
Vier Könige/Kaiser zählten 1024–1125 zum Geschlecht der
Salier; das ist links unten in zwei Zeilen zu lesen. Die
Salier definierten das Herrschen neu, verteidigten ihre
Macht, geschickt, effektiv, mit aller Härte, mitleidlos.
Heinrich III. und Heinrich IV. gingen im Ringen um die Macht
mit verschiedenen Päpsten bis an die äußerste Grenze des
Denkbaren, Heinrich V. entriss seinem Vater die Macht in
unerhörter Weise. Aber kann man anders herrschen? Ist das
der Preis der Macht? Die Umschrift der Medaille setzt zu
einer Antwort an:
Man kann mit der Macht nicht flirten man muss …
Was muss man? Zur vollständigen Antwort braucht es die
Rückseite, die in ihrer Andersartigkeit so überraschend, so
berührend ist. Die Satzvervollständigung SIE HEIRATEN steht
nun waagrecht auf der Kopfhöhe eines kleinen Jungen, der
trotz eines Schwertes in der freilich kraftlos
herabhängenden rechten Hand eher hilflos wirkt, wozu auch
der leere Raum um ihn herum beiträgt. Und natürlich die viel
zu große Kaiserkrone, die ihm über das Gesicht rutscht, so
dass er wirklich hilflos ist. Heinrich IV. war noch keine 6
Jahre alt, als er nach dem Tod des
Vaters Heinrich III. nominell König wurde; die Zeit seiner
Regierung unter Vormundschaft war geprägt von erbitterten
Machtkämpfen der Großen des Reichs, für die er nur ein
Spielball war. Ist das der Traum von der Macht? Von Malraux
(sein Name steht auf der Rückseite) stammt die These MAN
KANN MIT DER MACHT NICHT FLIRTEN, MAN MUSS SIE HEIRATEN.
Ist das so? Was heißt das heute? In Zeiten der Demokratie?
Anna Napp gibt mit einer Medaille, mit der sie ein
kompliziertes Jahrhundert deutscher Geschichte genial
verdichtet vorstellt, eine Reihe wichtiger Fragen auf.« Rainer Albert in: MünzRevue 9/2021